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Keine Eltern, aber Onkelz – Der Versuch einer Annäherung an die Generation ’89

1 Jun

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Den ganzen Beitrag für das Kulturmagazin TRACKtate bei radio blau, kann man hier anhören:

Die heute oft als „friedliche Revolution“ bezeichneten Ereignisse im Oktober 1989 feierten im letzten Jahr ihr zwanzigjähriges Jubiläum. Die Generation 89 ist heute, zwanzig Jahre später, Anfang Mitte dreißig und ungefähr genauso alt, wie es die Elterngeneration damals war. Als 1989 „Wir sind das Volk“ und später „Wir sind ein Volk“ skandiert wurde, waren sie zwischen 14 und 18 Jahre alt. Sie waren zu alt, um nicht von der DDR geprägt worden zu sein und zu jung, um nicht mit schier kindlicher Naivität in den autoritätenfreien Raum hineinzustolpern.

Foto von R.Arnold/Centraltheater

Für viele der Jugendlichen ging alles viel zu schnell. Ein Wechselbad mit Folgen, denn nicht selten führte das Überangebot an Möglichkeiten zu einer Schockstarre, die sich in gebrochenen Biographien, Zukunftsangst, Gewalt und Perspektivlosigkeit niederschlug. Der Staat existierte nicht mehr, viele Eltern hatten genug mit sich zu tun und so entstand ein Vakuum, in dem es sich erst einmal zu verorten galt.

In dem derzeit in der Skala in Leipzig aufgeführten Bühnenstück „FANZ 89/09“ versucht die junge Regisseurin Mareike Mikat aus Frankfurt/Oder genau diesen Umbruch aus der Perspektive der Generation 89 zu inszenieren. Was ist aus den Wendekindern geworden? Wie haben sie diese Zeit erlebt? Fragt neben dem Eventcharakter der „Wir-waren-damals-auch-dabei-Feierlichkeiten“ eigentlich jemand danach wie es wirklich war? Sind die Zonenkinder, die im Leipziger Osten träumten, alles was an Auseinandersetzung von Relevanz ist?

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„Kaum zu glauben, daß ich jemals dieser junge Dachs war.“

12 Mai

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Die Rezension hier zum Anhören:

Es ist schummrig. Die Stuhlreihen stehen eng beieinander. Die kalten Ziegelsteine geben dem feuchten Kellergewölbe eine endzeitliche Atmosphäre. Die Kälte kriecht auch vom Boden her die Hosenbeine hinauf. Es scheint auf den ersten Blick unwohnlich und unbehaglich. Am einen Ende, des normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Eiskellers der Moritzbastei, ist ein schmales Podest aufgestellt. Dahinter türmen sich Bücher und Tonbandschachteln. Ein zersauster, alter Mann kriecht auf dem Boden. Er scheint etwas zu suchen. Er stöhnt. Jede Bewegung steht unter dem Firmament einer unbändigen Suche nach etwas. Der Boden ist staubig. Der kräftige Körper des Mannes ist ständig in Bewegung – er kniet, rutscht, sitzt aufrecht, beugt sich, sieht sich um und hält inne. Ein Diaprojektor wirft unablässig Bilder an das rote Mauerwerk in deren Lichtstreifen sich der schwere Körper des Mannes abzeichnet. Weiterlesen