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Der lebhafte Wunsch, die Anstalt zu verlassen

4 Jul

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Das Sächsische Psychatriemuseum in Leipzig hat sich ein wenig versteckt im doppelten Sinne. Zum einen liegt es fernab der musealen Epizentren der so genannten Messemetropole. Zum anderen hat es in meinem Fall sogar neun Jahre gedauert bis ich überhaupt von seiner Existenz erfuhr. Dabei gibt es vieles zu erzählen über die Geschichte der Psychatrie in Sachsen.

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Back in the old days…

3 Apr

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Das soll kein Loblied auf die DDR werden. So viel steht fest. Fakt ist aber: Ich bin in diesem Land geboren und dort primärsozialisiert worden. Womit? Weniger mit Gewürzgurken, Pionierhalstuch und ATA als vielmehr mit Spielzeug. Auf einem Wochenendausflug nach Ilmenau konnte ich deswegen nicht widerstehen und habe das DDR-Spielzeug-„Museum“ besucht. Die Anführungsstriche haben ihre Berechtigung. Es handelt sich nicht unbedingt gleich um ein Museum, wenn jemand in einer Scheune verschiedenste Spielzeuge zusammenträgt und sie dort „ausstellt“. Auch hier wieder Anführungsstriche, denn zu einer Ausstellung gehört ebenso mehr als nur das Hinstellen von Dingen. Sei’s drum. Toll war es trotzdem, weil ich mit der materiellen Kultur meiner Kindheit nach 21 Jahren erstmal wieder in Berührung kam und ich den Mund gar nicht mehr zu bekommen habe vor lauter Staunen. So viele Dinge, die ich vergessen hatte, die mir aber einst sehr ans Herz gewachsen waren, türmten sich nur so vor mir auf. Deswegen an dieser Stelle ein paar Fotos von Gegenständen, die mich zurückversetzt haben in meine Neubaublock-DDR-Kindheit und in die Mitte meines Kinderzimmerteppichs. Vielleicht geht es dem einen oder der anderen Leser oder Leserin dieser Zeilen ebenso. Weiterlesen

Die geteilte Zeit

4 Jan

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Was ist nicht alles geschrieben und berichtet worden in den letzten Monaten. „Wir sind das Volk!“ hier und „friedliche Revolution“ dort. Mauerfall, 9. November und allerorten der Versuch aus den Geschehnissen um den November1989 einen nationalen Kulminationspunkt zu formen.

Es ist notwendig einen unverklärten Blick auf das Zeitgeschehen einzunehmen – einen Blick, der die DDR weder alleinig zum despotischen Regime stilisiert, noch uferlos in Ostalgie untergeht und „Land unter!“ skandiert. Wie könnte man diesen Blick besser einnehmen als durch die schonungslose Abbildung der Wahrheit? Gar nicht.

Der fotografischen Abbildung der Wirklichkeit hat sich Gerhard Gäbler verschrieben. Der damalige Fotografiestudent hat sich im November 1989 und danach auf die Socken gemacht um ästhetisch überzeugend auf leisen Sohlen den Auslöser zu betätigen. Gäbler warf sich hinein in das Geschehen, wurde Zeuge einer Zeit, die in seinen Bildern nicht enthoben und losgelöst von der alltäglichen DDR-Lebenswelt erscheint. Vielmehr vermag Gäblers Fotografie das Normale, das Beiläufige und Versteckte der heute stilisierten „friedlichen Revolution“ einzufangen.

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F/Stop 2009 – 3. Internationales Fotografie Festival in Leipzig

6 Jul

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Web 2.0 heißt auch das Missen der Feuerzeuge auf Rockkonzerten und ihre Ersetzung durch Handydisplays. Es heißt auch, dass digitale Fotografie ein Massenphänomen ist und jeder Zweite sich für etwas mehr als nur einen Hobbyfotografen hält. Es vergeht kein Moment, der gleichsam bewegend ist, wie zum Festhalten zwingt, und nicht von irgendjemandem auch dementsprechend fotografisch festgehalten wird – Handy hier, DigiCam dort. Knips. Knaps. Für meinen Fotoblog. Für meine Freunde zum zeigen. Für mich abends im Bett. Man vergisst das ja sonst. Ich bin da auch in so einer Community. Ich bearbeite nach. Soll ja schick aussehen. Ja nee, mach ich auch.

Allein schon deswegen macht es Spaß echte Fotografie zu bestaunen. Fotografien bei denen der prägnanteste Moment dessen dargestellt ist, was gleichsam nur den Hintergrund, den Bedeutungshorizont des Bildes, liefert. Das F-Stop Festival hat bis morgen noch vielerlei solcher Fotos zu bieten.

Ich war gestern zum ersten Mal dort. So wie ich die Ausstellung zum Festival zum ersten Mal besuchte, fand diese zum ersten Mal im Alten Handelshof in der Leipziger Innenstadt statt. Das ist fein. Erstens, weil der Alte Handelshof gerade im Umbau steckt und so eine charmant-unprätentiöse Atmosphäre bietet, und zum anderen, weil so auch Laufpublikum angesprochen wird, das abseits des Stadtkerns wohlmöglich nicht den Weg in die Ausstellung gefunden hätte. (Bisher fand das Festival auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei und entlang der Karl Heine Straße im Leipziger Westen statt.) Raus also aus dem elitären Kunstzirkel und rein in die Stadtzentren! Weiterlesen