Das Sächsische Psychatriemuseum in Leipzig hat sich ein wenig versteckt im doppelten Sinne. Zum einen liegt es fernab der musealen Epizentren der so genannten Messemetropole. Zum anderen hat es in meinem Fall sogar neun Jahre gedauert bis ich überhaupt von seiner Existenz erfuhr. Dabei gibt es vieles zu erzählen über die Geschichte der Psychatrie in Sachsen.
Beiläufige Liverpool-Betrachtung
14 Jun“In Penny Lane there is a barber showing photographs
of every head he’s had the pleasure to know
and all the people that come and go stop and say hello
on the corner is a banker with a motorcar
the little children laugh at him behind his back
and the banker never wears a mack in the pouring rain very stranger
Penny Lane is in my ears and in my eyes
there beneath the blue suburban skies I sit and meanwhile back”
Das sangen die Beatles 1967 über eine Straße in ihrer Heimatstadt. Liverpool insgesamt hat wenig von dem Charme behalten, den die Pilzköpfe einst in Form ihrer lustigen Anekdotensammlung besangen. Weiterlesen
Keine Eltern, aber Onkelz – Der Versuch einer Annäherung an die Generation ’89
1 JunDen ganzen Beitrag für das Kulturmagazin TRACKtate bei radio blau, kann man hier anhören:
Die heute oft als „friedliche Revolution“ bezeichneten Ereignisse im Oktober 1989 feierten im letzten Jahr ihr zwanzigjähriges Jubiläum. Die Generation 89 ist heute, zwanzig Jahre später, Anfang Mitte dreißig und ungefähr genauso alt, wie es die Elterngeneration damals war. Als 1989 „Wir sind das Volk“ und später „Wir sind ein Volk“ skandiert wurde, waren sie zwischen 14 und 18 Jahre alt. Sie waren zu alt, um nicht von der DDR geprägt worden zu sein und zu jung, um nicht mit schier kindlicher Naivität in den autoritätenfreien Raum hineinzustolpern.
Foto von R.Arnold/Centraltheater
Für viele der Jugendlichen ging alles viel zu schnell. Ein Wechselbad mit Folgen, denn nicht selten führte das Überangebot an Möglichkeiten zu einer Schockstarre, die sich in gebrochenen Biographien, Zukunftsangst, Gewalt und Perspektivlosigkeit niederschlug. Der Staat existierte nicht mehr, viele Eltern hatten genug mit sich zu tun und so entstand ein Vakuum, in dem es sich erst einmal zu verorten galt.
In dem derzeit in der Skala in Leipzig aufgeführten Bühnenstück „FANZ 89/09“ versucht die junge Regisseurin Mareike Mikat aus Frankfurt/Oder genau diesen Umbruch aus der Perspektive der Generation 89 zu inszenieren. Was ist aus den Wendekindern geworden? Wie haben sie diese Zeit erlebt? Fragt neben dem Eventcharakter der „Wir-waren-damals-auch-dabei-Feierlichkeiten“ eigentlich jemand danach wie es wirklich war? Sind die Zonenkinder, die im Leipziger Osten träumten, alles was an Auseinandersetzung von Relevanz ist?
Die geteilte Zeit
4 JanWas ist nicht alles geschrieben und berichtet worden in den letzten Monaten. „Wir sind das Volk!“ hier und „friedliche Revolution“ dort. Mauerfall, 9. November und allerorten der Versuch aus den Geschehnissen um den November1989 einen nationalen Kulminationspunkt zu formen.
Es ist notwendig einen unverklärten Blick auf das Zeitgeschehen einzunehmen – einen Blick, der die DDR weder alleinig zum despotischen Regime stilisiert, noch uferlos in Ostalgie untergeht und „Land unter!“ skandiert. Wie könnte man diesen Blick besser einnehmen als durch die schonungslose Abbildung der Wahrheit? Gar nicht.
Der fotografischen Abbildung der Wirklichkeit hat sich Gerhard Gäbler verschrieben. Der damalige Fotografiestudent hat sich im November 1989 und danach auf die Socken gemacht um ästhetisch überzeugend auf leisen Sohlen den Auslöser zu betätigen. Gäbler warf sich hinein in das Geschehen, wurde Zeuge einer Zeit, die in seinen Bildern nicht enthoben und losgelöst von der alltäglichen DDR-Lebenswelt erscheint. Vielmehr vermag Gäblers Fotografie das Normale, das Beiläufige und Versteckte der heute stilisierten „friedlichen Revolution“ einzufangen.
Ich komme nicht her, ich gehe hin
30 Okt
Man kann die Filmrezension auch als Beitrag für meine Radiosendung TRACKtate beim freien Radio „radio blau“ aus Leipzig anhören:
Anzahl von Geräuschen. Ein einziges Ziepen, Surren, Summen, Schnalzen, Pochen, Sirren, Flirren, Schwirren und Brummeln. Die Sonne bricht sich im dichten Blätterdach eines urwüchsigen Waldes. Trotz des wahnwitzigen Trubels strahlt dieser Ort vollkommene Ruhe aus. Der Protagonist des Films hat sich diesen Ort zum Sterben ausgesucht.
Mit einer zauberhaften Kamera, die den Zuschauer zum handelnden Subjekt erhebt, begibt sich Peter Liechti auf die Spurensuche nach einem Mann um die 40, der auszog um zu sterben. Man sieht keinen Mann, der allein im Wald verhungert. Man sieht den Wald mit seinen Augen. Später wird die mumifizierte Leiche von einem Weidmann auf Hasenjagd entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt liegt längst Schnee. Das sommerliche bunte Treiben ist von einem dumpfen Weiß erstickt.