Wie einige aufmerksame Leser_Innen meines TRACKtate-Blog wissen, verbrachte ich den Sommer 2010 im Nordwesten der USA – genauer in Montana. Dort liegt Rocky Boy – das Reservat der Chippewa-Cree-Indianer. Nach meiner Rückkehr machte ich mich daran das Erlebte niederzuschreiben mit dem Ziel eine literarische Reisereportage für das Radio zu produzieren. Ich schrieb, entwarf, verwarf und fand schlussendlich in den beiden Sprechern Mirko Kasimir und Anja Lehmann zwei Profis, die mich bei der Umsetzung meiner Idee unterstützten. Michael Seiler (u.a. Verbrannte Erde, Interstate 5 und Crottendorf) komponierte die Musik und so entstand Schritt für Schritt ein 120-minütiges Hörstück.
Den ganzen Beitrag für das Kulturmagazin TRACKtate bei radio blau, kann man hier anhören:
Die heute oft als „friedliche Revolution“ bezeichneten Ereignisse im Oktober 1989 feierten im letzten Jahr ihr zwanzigjähriges Jubiläum. Die Generation 89 ist heute, zwanzig Jahre später, Anfang Mitte dreißig und ungefähr genauso alt, wie es die Elterngeneration damals war. Als 1989 „Wir sind das Volk“ und später „Wir sind ein Volk“ skandiert wurde, waren sie zwischen 14 und 18 Jahre alt. Sie waren zu alt, um nicht von der DDR geprägt worden zu sein und zu jung, um nicht mit schier kindlicher Naivität in den autoritätenfreien Raum hineinzustolpern.
Foto von R.Arnold/Centraltheater
Für viele der Jugendlichen ging alles viel zu schnell. Ein Wechselbad mit Folgen, denn nicht selten führte das Überangebot an Möglichkeiten zu einer Schockstarre, die sich in gebrochenen Biographien, Zukunftsangst, Gewalt und Perspektivlosigkeit niederschlug. Der Staat existierte nicht mehr, viele Eltern hatten genug mit sich zu tun und so entstand ein Vakuum, in dem es sich erst einmal zu verorten galt.
In dem derzeit in der Skala in Leipzig aufgeführten Bühnenstück „FANZ 89/09“ versucht die junge Regisseurin Mareike Mikat aus Frankfurt/Oder genau diesen Umbruch aus der Perspektive der Generation 89 zu inszenieren. Was ist aus den Wendekindern geworden? Wie haben sie diese Zeit erlebt? Fragt neben dem Eventcharakter der „Wir-waren-damals-auch-dabei-Feierlichkeiten“ eigentlich jemand danach wie es wirklich war? Sind die Zonenkinder, die im Leipziger Osten träumten, alles was an Auseinandersetzung von Relevanz ist?
puvo productions for president! Das Wimmelbild zu den Geschichten auf TRACKtate...
Wankelmütige Liebe zum Widerspruch
Ich heiße Philipp Seitz. Man sagt mir nach, ich mache mir zu viele Gedanken. Menschen, die meine Lehrveranstaltungen besuchen, sagen, ich hätte insofern mein Hobby zum Beruf gemacht.
TRACKtate ist der Versuch, in sich hineinzuhören und den mit Fragen gepflasterten Weg eines zerrissenen, ständig zweifelnden und wankelmütigen Mannes mitzugehen, auf dem er sich, wo immer sich ein Widerspruch auftut, in ihn verliebt. Er läuft ihm hinterher und möchte ihn fangen, aber um so länger er rennt, um so mehr Widersprüche tauchen auf… Ein Wettlauf irgendwie.
Diesen Blog habe ich 2009 ins Leben gerufen. 2015 habe ich das Bloggen aufgegeben. 2020 habe ich beschlossen wieder damit anzufangen. Darum finden sich hier so viele alte Blogbeiträge und einige neue und dazwischen keine.