Archiv | Juli, 2009

„Und action!“ – Inselbühne-Robotniks vs. humanoide Zuschauer

10 Jul

Flattr this

Es gibt diese Abende mit Freunden, an denen ein geklauter Kalauer den nächsten jagt. Es sind die Abende, wo eine Diskussion von dem Einbinden des richtigen Filmzitats an der richtigen Stelle lebt; vielleicht etwa so:

„…Genau oder die Szene wo der „Dude“ sagt: ‚Ich bin nicht Mr. Lebowski, Sie sind Mr. Lebowski. Ich bin der Dude. Und so sollten Sie mich auch nennen, ist das klar? Entweder so oder Seine Dudeheit oder Duder oder auch El Duderino, falls Ihnen das mit den Kurznamen nicht so liegt.’, endgeil Alter, oder? – Erik hat sich von Marie getrennt – habt ihr schon gehört? – Ach komm schon, nicht so ein Terz jetzt – ich sag nur »Trainspotting«: ‚Haste keine Kohle, kannste dich nicht besaufen. Haste Kohle, säufst du zuviel. Haste keine Braut , kannste keine Nummer schieben. Haste ne Braut, gibt’s nur Stress.’, sagt ja wohl alles, oder? – Bedienung! 3 Bier! – Ihr seid echt zwei Typen. Das mit Eric ist wie in »Reality Bites«, und meine Lieblingsszene, die, wo Winona Ryder Troy mal die Meinung geigt und sagt: ‚Du leidest am Philosophen-Groupie-Syndrom. Du hast einen Intelligenzquotienten von 180. 10 Punkte vom Abschluss in Philosophie entfernt und trotzdem fällst Du immer wieder auf diese dummen Gänse rein, die Dich anhimmeln.’, bringt genau auf den Punkt…, Moment mal Anna – verheimliche uns aber nicht Troy’s Reaktion, der sagt doch so was wie: ‚Sie sind nicht dumm. Sie sind nur sehr deprimiert.’, womit wir dann bei Marie wären, aber Leute kommt schon, ist doch egal – Hat jemand schon den neuen Woody Allen gesehen? …“

Am besten funktionieren diese Gespräche, wenn alle Beteiligten eine ähnliche Filmsozialisation erfahren haben. Dann wundert man sich gemeinsam mit jedem Getränk mehr aus welcher hinterletzten Ecke man selbst erstens die ganzen Erinnerungen an kleinste Filmschnipsel holt und zweitens, wie man sich keine 10 Seiten des Lernexzerpts merken, aber anscheinend den halben »The Big Lebowski« auswendig mitsprechen kann.

_DSC1749Mail

Das Sommertheater der Inselbühne und der Moritzbastei Leipzig setzt mit der Inszenierung „Und action!“ genau auf dieses Phänomen die Krone, in dem es nämlich unter der Regie von Volker Insel einen bunten Sommertheaterabend präsentiert, der sich des „Verwurstens“, des Aneinanderreihens und Ineinanderverschränkens von Filmzitaten annimmt. Weiterlesen

F/Stop 2009 – 3. Internationales Fotografie Festival in Leipzig

6 Jul

Flattr this

Web 2.0 heißt auch das Missen der Feuerzeuge auf Rockkonzerten und ihre Ersetzung durch Handydisplays. Es heißt auch, dass digitale Fotografie ein Massenphänomen ist und jeder Zweite sich für etwas mehr als nur einen Hobbyfotografen hält. Es vergeht kein Moment, der gleichsam bewegend ist, wie zum Festhalten zwingt, und nicht von irgendjemandem auch dementsprechend fotografisch festgehalten wird – Handy hier, DigiCam dort. Knips. Knaps. Für meinen Fotoblog. Für meine Freunde zum zeigen. Für mich abends im Bett. Man vergisst das ja sonst. Ich bin da auch in so einer Community. Ich bearbeite nach. Soll ja schick aussehen. Ja nee, mach ich auch.

Allein schon deswegen macht es Spaß echte Fotografie zu bestaunen. Fotografien bei denen der prägnanteste Moment dessen dargestellt ist, was gleichsam nur den Hintergrund, den Bedeutungshorizont des Bildes, liefert. Das F-Stop Festival hat bis morgen noch vielerlei solcher Fotos zu bieten.

Ich war gestern zum ersten Mal dort. So wie ich die Ausstellung zum Festival zum ersten Mal besuchte, fand diese zum ersten Mal im Alten Handelshof in der Leipziger Innenstadt statt. Das ist fein. Erstens, weil der Alte Handelshof gerade im Umbau steckt und so eine charmant-unprätentiöse Atmosphäre bietet, und zum anderen, weil so auch Laufpublikum angesprochen wird, das abseits des Stadtkerns wohlmöglich nicht den Weg in die Ausstellung gefunden hätte. (Bisher fand das Festival auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei und entlang der Karl Heine Straße im Leipziger Westen statt.) Raus also aus dem elitären Kunstzirkel und rein in die Stadtzentren! Weiterlesen